Die Übersetzungen der Bibeltexte für den Kirchentag
Jürgen Ebach

Als vor zwei Jahrzehnten Theologinnen und Theologen begannen, die Bibeltexte der jeweiligen Kirchentage mit dem Ziel einer gerechte(re)n Sprache zu übersetzen, war das im deutschen Sprachraum ein neues Unternehmen. Inzwischen liegen Übersetzungen der Bibeltexte von neun Kirchentagen vor, die Arbeit an einer Bibelübersetzung in gerechter Sprache hat darüber hinaus zu weiteren und größeren Projekten geführt. Für die Predigtund Lesetexte des Gottesdienstes gibt es entsprechende Übersetzungen (Der Gottesdienst. Liturgische Texte in gerechter Sprache, Teil 4, Die Lesungen, hg. v. E. Domay / H. Köhler, Gütersloh 2001), dazu liegt eine Reihe von Begleitbüchern und Arbeitshilfen vor. (Informationen unter www.bibelin- gerechter-sprache.de, dort auch Hinweise zum Projekt der ganzen Bibel in gerechter Sprache, die 2006 in Gütersloh erscheinen soll).

Die Kirchentagsübersetzungen folgen den Kriterien, die auch die genannten weiteren Projekte leiten:

1 Die Übersetzung soll dem Wortlaut der Bibeltexte in ihrer hebräischen oder griechischen Originalfassung gerecht werden. Es handelt sich also um Übersetzungen der hebräischen Bibel und des griechischen Neuen Testaments, nicht etwa um neue Fassungen oder gar "Übersetzungen" der Lutherbibel.

2 Sie soll eine frauengerechte Sprache haben. Die in den Texten selbst genannten oder nicht ausdrücklich genannten, aber mitgemeinten Frauen sollen sichtbar und ebenso sollen Frauen als heute angesprochen erkennbar werden.

3 Sie soll für den begonnenen jüdisch-christlichen Dialog aufmerksam sein und der jüdischen Schriftlektüre Respekt erweisen.

4 Sie soll eine gegenwärtig verstehbare Sprache haben. Diese Sprache muss nicht leicht eingängig sein. Wo der Text selbst sperrig oder mehrdeutig ist, darf das auch in der Übersetzung erkennbar werden.

Diese Kriterien sollen auch in der Rede von Gott zur Geltung kommen. Gott ist in der Bibel kein Mann und die Vorstellung der Männlichkeit Gottes ist ein Verstoß gegen das Bilderverbot in den "Zehn Geboten". So soll auch von Gott nicht (jedenfalls nicht dominant) in grammatisch männlichen Formen gesprochen werden. Eine immer neue Frage ist die nach einem angemessenen Umgang mit Gottes Eigennamen, der in der hebräischen Bibel mit den Konsonanten j-h-w-h geschrieben, doch seit biblischen Zeiten nicht ausgesprochen wurde und der im Neuen Testament mit dem Wort "kyrios" umschrieben wird. Die Kirchentagsübersetzungen geben den Gottesnamen mit einer jüdischen Tradition durch die Autoritätsbezeichnung "Adonaj" wieder.

Die Bibeltexte für den DEKT 2005 in Hannover wurden (begleitet von der Generalsekretärin des Kirchentags Friederike von Kirchbach und dem Kirchentagspastor Jan Janssen) von Theologinnen und Theologen übersetzt, die auch die hier abgedruckten "Exegetischen Skizzen" verfasst haben. Die Skizzen werden von den jeweiligen Autorinnen und Autoren verantwortet, die Übersetzungen sind ein Gemeinschaftswerk der gesamten Gruppe.

Jürgen Ebach, Professor für Altes Testament und biblische Hermeneutik an der Ruhr-Universität Bochum