Junge.Kirche 3/2003

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir trauern um Dorothee Sölle. Die weltweite Ökumene verliert mit ihr eine der theologischen Persönlichkeiten, die den Weg aus der Provinzialität und kirchlichen Selbstgenügsamkeit hin zu einer Grenzen überschreitenden Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit gewiesen haben. Ich habe, nachdem ich die Nachricht vom Tod Dorothee Sölles erhalten hatte, ihren Vortrag vor der VI. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1983 in Vancouver noch einmal gelesen. Es ist ein aufregender deutscher Beitrag zur ökumenischen Bewegung, auch wenn sich manche deutschen Kirchenvertreter damals nur über einige Aussagen im Vortrag aufgeregt haben. Was Dorothee Sölle in Vancouver gesagt hat, können Sie in diesem Heft nachlesen.

Herwig Wagner bot ein Interview zur Veröffentlichung an, das er kurz vor Dorothee Sölles Tod mit ihr und ihrem Mann geführt hat. Die Lübecker Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter hat uns ihre Predigt beim Trauer- und Dankgottesdienst zur Verfügung gestellt. Beiden möchten wir ganz herzlich danken.

Es war ein Zufall, dass diese Texte nun in einem Heft mit dem Thema „Ökumenische Bewegung” erscheinen, aber es ist Zu diesem Heft passend. So reihen sich die Beiträge von und über Dorothee Sölle nun in ein Themenheft ein, in dem es um die ganze Weite und um manche Probleme der weltweiten Ökumene geht. Wichtig war uns, dass Christinnen und Christen aus Afrika, Asien und Lateinamerika zu Wort kommen. Diese Positionen aus der Weltkirche können dazu provozieren, neu darüber nachzudenken, dass Okumene mehr ist als ein gutes Verhältnis zur benachbarten katholischen oder evangelischen Gemeinde, so wichtig dies ist. Die enge Verbindung von lokaler und weltweiter Okumene wird in dem Beitrag von Landesbischöfin Margot Käßmann deutlich.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert arbeiten Kirchen unterschiedlichster Denominationen und Traditionen im Ökumenischen Rat der Kirchen zusammen. In den letzten Jahren hat es zunehmend Spannungen zwischen protestantischen und orthodoxen Mitgliedskirchen gegeben. Welche Ursachen und Konsequenzen dies hat, stellt Werner Gebert dar. Er gehört zu den Verfassern eines „Memorandums zur ökumenischen Lage”, das wir in diesem Heft veröffentlichen. Hinzuweisen ist schließlich auf einen Beitrag von Barbara Rauchwarter zu hoffnungsvollen Zeichen verbindlicher ökumenischer Zusammenarbeit in Österreich und auf die Sozialgeschichtliche Bibelauslegung von Daniel Chiquete.

Ganz herzlich gratulieren möchten wir unserer Mitherausgeberin Marie Veit zur Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für ihre herausragende Arbeit als Religionspädagogin. Einen Geburtstagsgruß für Dieter Schellong hat Professor Michael Weinrich für uns verfasst, den wir leider etwas verspätet veröffentlichen.

Am 6. Mai schrieb uns Wolfgang Sternstein einen Brief, kurz bevor er zum siebten Mal ins Gefängnis musste. Am 7. Juni 2002 hatte er sich als entschiedener Pazifist an einer „Entzäunungsaktion” am Fliegerhorst Büchel in der Südeifel beteiligt und war zu sechs Wochen Haft verurteilt worden. Vermutlich muss er vier weitere Wochen im Gefängnis bleiben, weil eine frühere Bewährungsstrafe wegen eines ähnlichen „Delikts” hinzugerechnet wird. Wir denken in diesen Wochen an Wolfgang Sternstein, den die Leserinnen und Leser der Junge.Kirche aus Beiträgen kennen, und an seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter gegen die Bedrohung der Welt durch Atomwaffen.

Es grüßt Sie ganz herzlich auch im Namen des Redaktionsteams
Frank Kürschner-Pelkmann