Junge.Kirche 3/2004

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

Vor einigen Wochen bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein neues Schulgesetz des Stuttgarter Landtags, wonach Lehrkräfte auch mit ihrer Kleidung „keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen Bekundungen“ abgeben dürfen, die die Neutralität des Landes stören oder gefährden können. Später aber heißt es: „Die Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte widerspricht nicht diesem Gebot.“ Mit anderen Worten: eine Lehrerin darf kein Kopftuch tragen, eine katholische Ordenstracht ist aber erlaubt.

Exemplarisch wurde in den Reaktionen auf das Leipziger Urteil noch einmal deutlich, wie viele Ebenen in der Diskussion um das Kopftuch eine Rolle spielen: das Verhältnis von Staat und Religion, die Frage, ob die Religionen gleich zu behandeln sind, die Bedeutung des Kopftuchs als politisches Symbol und die Bedeutung des Kopftuchs im Geschlechterverhältnis.

Die verschiedenen Ebenen tragen dazu bei, dass die Frage nach dem Kopftuch quer durch alle traditionellen Fronten hindurch kontrovers diskutiert wird. Wieder müssen wir feststellen, dass es sie nicht mehr gibt: die gemeinsame linke Position. Die Focusgruppe hat durch die Zusammenstellung der Hauptartikel trotzdem eine klare Position bezogen, und zwar gegen das Kopftuchverbot – wissend, dass diese Position nicht von allen Leser/innen der Jungen Kirche geteilt wird; allein schon die Stimmen einiger Auslandskorrespondent/ innen, die sich in ihren Voten für ein Verbot aussprechen, machen das sichtbar. Wir kommen nicht darum herum, die Argumente zu sichten und eine eigene Position zu erarbeiten. Zu dieser Arbeit gehört es, behutsam aufeinander zu hören und respektvoll miteinander umzugehen.

Gerard Minnaard

Verantwortlich für den Focus dieses Heftes:
Klara Butting, Hans-Christoph Goßmann, Hildburg Wegener